Giallo – 4. Schatten-Schlitzer
Bei ihrer Reise durch Europa hat das Pärchen Stefania und Luca die junge Antonella aufgegabelt. Diese ist zwar von dem Konzept der freien Liebe noch etwas überfordert, macht sich mit den beiden aber dennoch nach Palermo auf, wo sie Stefanias Vater um Geld bitten wollen. Doch als Luca auf der Fahrt mit dem Nachtzug auf eine Prostituierte trifft, ändert sich der lockere Trip zu einem Albtraum...
Mit "Giallo" hat Audionarchie eine Hörspielserie gestartet, die ein sehr unterrepräsentiertes Genre bedient: Italo-Western. Die vierte Episode bringt eine Gruppe von Menschen in eine druckvolle Situation, zunächst werden aber die Charaktere und die näheren Umstände beleuchtet. Schon dabei geht es interessant und reizvoll zu: Das abgeklärte Paar Luca und Stefania auf einem Roadtrip, die unschuldige Antonia, die 70er Jahre mit Drogen, Sex und Freiheit - eine wilde Kombination, die sehr gut funktioniert. Ins Rollen gerät die Geschichte mit dem oben beschriebenen Mord an einer Prostituierten, bei dem die Panik bei den dreien ansteigt. Sie befürchten, dass der Verdacht auf sie fallen könnte, und begeben sich auf eine wilde Flucht, die sie über verschiedene Stationen durch Europa führt. Immer wieder gibt es dabei spannende Höhepunkte, aber auch ruhigere Szenen, in der die Beziehung der drei und einiger anderer Figuren näher beleuchtet werden. Dabei kommen immer wieder Verdachtsmomente auf, sodass auch die Zuhörenden bald nicht mehr wissen, wem man trauen kann und wem nicht. Das ist spannend und dynamisch geraten und gefällt mir sehr gut. Nur mit dem Ende hadere ich ein wenig: Nach der großen Enthüllung schließt sich noch eine weitere Episode an, die dann leider etwas aufgesetzt wirkt und scheinbar nur noch einen weiteren Schockmoment einbringen soll, ohne dass sich dieser wirklich in die Geschichte integriert. Davon abgesehen ist die Episode spannend und kurzweilig geraten, zumal die Idee der Serie immer noch frisch und ungewohnt wirkt.
Antonella wird von Yvonne Greitzke gesprochen, die ihre Stimme sehr dynamisch einsetzt und dabei den Spannungsbogen der Handlung gekonnt nachzeichnet. Mir gefällt, wie unschuldig und zögernd sie klingt, wie sie aber auch die aufkommende Panik sehr lebendig umsetzt. Annina Braunmiller-Jest macht als Stefania einen sehr abgeklärten Eindruck, sie lässt die junge Frau hart und furchtlos klingen, bringt aber auch immer wieder andere Facetten mit ein. Tom Raczko ist als Luca der dritte im Bunde der Hauptfiguren und lässt seine Stimme kraftvoll und präsent klingen, wobei er die jeweilige Situation gekonnt unterstreicht. Weitere Rollen werden von Andrea Aust, Elga Schütz und Marcel Colle übernommen.
Die Handlung wird akustisch überzeugend untermalt, die Geräuschkulisse versetzt die Zuhörenden in die jeweilige Szenerie - das Rauschen einer Dusche, das stetige Rattern des Zuges oder verschiedene Tiergeräusche bei einer Szene auf einem abgelegenen Bauernhof. Auch die eingesetzten Melodien verfehlen ihre Wirkung nicht und sorgen für unterschwellige zusätzliche Spannung. Das wirkt insgesamt sehr ruhig, lässt den Dialogen aber immer den Raum, sich auch allein zu entfalten.
Das grellgelbe Coverdesign findet natürlich auch hier wieder Anwendung und bildet einen gelungenen Rahmen für das eigentliche, kreisrunde Titelmotiv. Dieses ist wieder im Stil eines alten Filmplakats gezeichnet und zeigt eine Collage aus einer panisch schreienden Frau und einer Eisenbahnbrücke, auf der ein Zug in den Mund der Frau zu fahren scheint – eine witzige Idee, die gelungen umgesetzt wurde.
Fazit: „Schatten-Schlitzer“ baut sich langsam auf und überzeugt bereits dort mit einer interessanten Dreierkonstellation, die in die wilden 70er Jahre versetzt. Spätestens mit dem Mord im Zug nimmt die Folge aber auch Dynamik und viel Spannung auf, die immer wieder durch packende Höhepunkte hochgehalten wird. Die Auflösung ist dann auch sehr gelungen, wird aber etwas durch eine Abschlusszene getrübt, die ein bisschen zu aufgesetzt wird. Eine hörenswerte Episode, die Spaß macht.
VÖ: 24. Februar 2023
Label: Audionarchie
Bestellnummer:
Giallo – 3. Blutige Flammen
Die junge Claudia Pignatelli, Gattin eines einflussreichen Geschäftsmanns, wird nach einem Stelldichein mit einem Liebhaber brutal ermordet, zerstückelt und ihre Überreste bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Die Leitung der Ermittlung übernimmt Marina Manni, die jedoch nicht nur im Fall selbst auf Widerstände stößt. Auch ihre männlichen Kollegen machen ihr das Leben schwer. Doch dann wird sie mit schockierenden neuen Ergebnissen konfrontiert...
Als Schauplatz ist Italien für die Hörspielreihe "Giallo" von Audionarchie gesetzt, schließlich sind die Filme, die als Inspiration für die Geschichten dienen, ebenfalls in dem südeuropäischen Land entstanden. "XXX" spielt in Turin und dreht sich vordergründig um den Mord an einer lebenslustigen jungen Frau. Dazu gesellen sich noch weitere Handlungsstränge, die abwechselnd weitererzählt werden. Der Blick auf Hauptfigur Marina, weitere Ermittler, aber auch auf Täter und Opfer sorgt für viel Abwechslung und Dynamik. Mir gefällt, wie sich die Geschichte dabei immer weiter zusammensetzt, die Handlung ist spannend und aufregend erzählt. Auch schockierende, brutale Momente sind reichlich eingebunden und sorgen für eindrucksvolle Momente. Die Auflösung des Ganzen sorgt noch für einige Überraschungen, da die Hinweise reichlich eingebaut wurden und in verschiedene Richtungen geführt haben. Doch die Episode baut zusätzlich noch eine große Portion Gesellschaftskritik ein: Toxische Männlichkeit, die Ungleichbehandlung von Frauen in Beruf wie Privatleben, die Doppelmoral der Kirche, Bestechlichkeit und Vetternwirtschaft innerhalb der Politik - die Reihe ist lang, wird aber authentisch und organisch in die Handlung integriert. Schön, dass ein brutaler Krimi mit Splatter-Elementen doch so vielschichtig sein kann.
Marina Manni wird von der wunderbaren Uschi Hugo gesprochen, die die energische Ermittlerin mit viel Einsatz spielt. Mir gefällt die Variabilität, die sie dabei einbringt und die verschiedenen Szenerien so lebendig wirken lässt. Als Adolfo Moretti ist Till Hagen zu hören, der sich ebenfalls gut an die Atmosphäre anpasst und die gesellschaftlichen Aspekte des Hörspiels gelungen betont, ohne sie zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken. Der unvergessene Helmut Krauss ist als Salvatore Manni zu hören, Turins Bürgermeister. Seine Stimme war zum Zeitpunkt der Aufnahmen schon deutlich gealtert, hat aber nichts von ihrer imposanten Kraft verloren. Auch Wolf Frass, Anja Taborsky und Martin Sabel sind zu hören.
Die Geschichte wurde akustisch sehr solide umgesetzt, die eingebauten Melodien verbreiten stellenweise italienisches Flair, sorgen in anderen Szenen aber für eine spannende Atmosphäre und unterstützen dabei den Spanungsbogen der Handlung. Auch die Geräuschkulisse ist vielseitig geraten, wobei in den Gewaltszenen durchaus explizite Sounds zu hören sind.
Dieses Mal wird auch optisch direkt auf die brutalen Morde aufmerksam gemacht, die in der Episode stattfinden. Eine Frau wird darauf bei lebendigem Leib verbrannt, durch die leuchtenden Farben und die geschwungenen Linien bekommt das Motiv aber einen fast schon mystischen Ausdruck. Auch diese Folge ist ausschließlich digital erschienen.
Fazit: Die Zuhörenden werden hier direkt in die Handlung hineingezogen und erleben einen brutalen Mord mit, doch auch später gibt es immer wieder packende und schockierende Szenen. Auch der Aufbau ist gut gelungen und baut einen reizvollen Spannungsbogen auf. Die Kommentare zu gesellschaftspolitischen Themen rundet das Hörspiel gekonnt ab und machen aus „Blutige Flammen“ eine reizvolle Produktion.
VÖ: 8. April 2022
Label: Audionarchie
Bestellnummer: 4260507173065
Giallo – 2. Der gefiederte Tod
Seit einem verheerenden Sturm darf die Möweninsel an der italienischen Küste nicht mehr ohne einen professionellen Führer betreten werden. Eine Gruppe an Kriminellen und zwielichtigen Gestalten hat deswegen den recht schrägen Guido engagiert, um eine Zeit in dem ortsansässigen Hotel zu verbringen. Doch unerwartet bringt dieser einen weiteren Gast mit, die sich als Ornella vorstellt. Doch die anderen sind sich sicher, in ihr eine verschollene Kumpanin zu erkennen...
Mit „Giallo“ hat Patrick Holtheuer eine Hörspielserie eines sehr speziellen Genres gestartet. In der Tradition der gleichnamigen Italo-Western, die in Filmform nicht nur in Italien viele Fans gefunden haben, wird auch die zweite Episode „Der gefiederte Tod“ zu einem ebenso ungewohnten wie reizvollen Experiment. Dabei wird auf die Vorstellung der Figuren und der Situation anfangs viel Zeit verwendet, allerdings auch vieles im Unklaren gelassen und erst deutlich später aufgeklärt. So ist beispielsweise lange nicht ganz klar, warum die kriminelle Bande auf die Möweninsel reist oder wie ihr Verhältnis zu der verschollenen Bianca ist. So entstehen viele kleine Spannungsbögen, denn auch wenn man sich das eine oder andere richtig zusammenreimen kann, ist ein Blick auf das Gesamtbild lange nicht möglich. Und für kleine Überraschungen ist dabei auch immer gesorgt. Die Zusammenstellung der Reisegruppe ist ebenfalls sehr gelungen, durch sie entsteht eine raue und leise bedrohliche Atmosphäre, die prägend für die Episode ist. Während die Spannung zunächst eher psychischer Natur ist, schlägt sie gegen Ende immer mehr auch zu physischer Bedrohung um, die dadurch entstandene Dynamik hat mir ebenfalls gut gefallen. „Der gefiederte Tod“ ist eine hörenswerte Produktion, die mit neuen Ideen für gelungene Akzente sorgt.
Kerstin Draeger hat mir als Flavia sehr gut gefallen, da sie ihrer Stimme einen rauen und harten Klang verleiht. Damit gestaltet sie die Atmosphäre der Episode gelungen aus und setzt besonders in den ruhigeren Momenten gekonnt Akzente, um auch diese lebendig wirken zu lassen. Als Giorgo ist Tommi Pieper zu hören, auch er passt sich gelungen der zunächst leisen, dann bedrohlichen Szenerie an, zeichnet ein lebendiges Bild seiner Rolle und kann den Spannungsbogen der Handlung nachzeichnen. Als Ornella sorgt Victoria Sturm für eine geheimnisvolle Aura um ihre Figur, die sie lange aufrechterhält. Wie sie am Ende noch einmal aufdreht, hat mir sehr gefallen. In weiteren Rollen sind Hans-Georg-Panczak, Stefan Krause und Mia Diekow zu hören.
Wenn schon eine Möweninsel als Hauptschauplatz der Episode ausgewählt wurde, sind die Schreie und das Kreischen der Tiere natürlich auch zu hören und begleiten viele Dialoge im Hintergrund, ohne jedoch zu dominant zu werden. Auch die restliche Geräuschkulisse und die musikalische Begleitung sind gut auf die Handlung abgestimmt und machen einen soliden Eindruck.
Wieder ist ein kraftvolles Gelb als Rahmen auf dem Cover zu sehen, welches mit den schwarzen Elementen für Aufmerksamkeit sorgt. Als Motiv im mittigen Kreis ist der Mörder in seiner tierischen Maske zu sehen, die behandschuhten Hände mit dem Messer erhoben. Dazu wurde ein Blick auf die Möweninsel kombiniert, aus dem Wasser davor streckt sich hilfesuchend eine Hand in die Höhe.
Fazit: „Der gefiederte Tod“ nimmt sich genügend Zeit, um die Figuren und ihre Beziehung zueinander vorzustellen. Dadurch bin ich auch am Ball geblieben, wenn die Szenerie brutaler und hektischer wurde, da ich mit ihnen mitfiebern konnte. Die Handlung ist spannend, atmosphärisch und birgt einige Rätsel und Überraschungen, was die Episode hörenswert macht.
VÖ: 1. März 2021
Label: Audionarchie
Bestellnummer: 00000000
Giallo – 1. Das Geheimnis der gläsernen Augen
Als Jennifer ihre Schwester Jane in dem Mädcheninternat nahe Rom besuchen will, wird sie von der Direktorin in Empfang genommen, die ihr eine schreckliche Nachricht überbringt: Ihre Schwester wurde mit einer Drahtschlinge in einem nahegelegenen Park erwürgt. Da sie dem schmierigen Inspektor Testi nicht traut, will sie selbst herausfinden, wer der Mörder ist. Doch bereits unter den Bewohnern des Internats finden sich einige äußerst unangenehme Gestalten…
„Giallo“ hieß eine Episode der „Mindnapping“-Hörspielserie von Audionarchie und sollte dem Hörer das gleichnamige Genre näherbringen. Nun wurde auch eine ganze Reihe unter diesem Titel gestartet, die zahlreiche Elemente des italienischen Thrillergenres beinhaltet. „Das Geheimnis der gläsernen Augen“ macht den Auftakt und dreht sich um eine Mordserie in einem italienischem Mädcheninternat, hat aber auch zahlreiche erotische Einschläge. Nach einem ersten Todesfall in einer Introszene schwenkt die Szenerie schnell auf Jennifer um, die Hauptfigur der Geschichte, ihr Weg steht im Zentrum des Geschehens. Daneben gibt es aber auch Szenen mit anderen Protagonisten, die das Geschehen ergänzen und weitere Facetten hinzufügen. Die Handlung kommt dennoch ohne Erzähler aus, die Zusammenhänge erschließen sich auch so recht einfach. Immer mehr Details kommen im Laufe der Zeit ans Tageslicht, der Informationsfluss ist stetig und besonders: Auch Verdächtige mit Motiv und Möglichkeit sind zahlreiche vorhanden. Eine bedrohlich-beklemmende Szenerie wird dadurch erzeugt, dass der Täter eine starke Ruhe ausstrahlt und während seiner Taten die immer gleiche Tonfolge vor sich hinpfeift, andererseits ist auch die erotische Komponente mit den Todesfällen auf sehr eindringliche Art verknüpft. Die Spannung entsteht dann auch nicht aus hochtrabenden Actionszenen oder besonderer Brutalität, vielmehr wird vieles auch der Fantasie des Zuhörers überlassen. Aber die ruhige, intensive Erzählweise sorgt für ein sehr gelungenes Hörspiel – ein vielversprechender Auftakt der neuen Serie
Jennifer Harper wird von der wundervollen Luisa Wietzorek gesprochen, die einen sehr dynamischen und vielseitigen Eindruck macht und dabei viele gelungene Nuancen einbaut, durch sie erhält das Hörspiel eine zusätzliche glaubhafte Note. In der Rolle der Signiora Delli Colli ist Dagmar Dempe zu hören, die ihre ausdrucksstarke Stimme gekonnt an die Rolle und die Dynamik der Handlung anpasst und mit ihrem warmen Unterton für eine angenehme Atmosphäre sorgt. Boris Tessmann spricht die Rolle des Inspektor Testi ebenfalls sehr überzeugend und verleiht seiner Figur eine sehr stimmige Aura, der herrlich schmierig oder engagiert, aber auch zugänglich und verständnisvoll klingen kann. Weitere Sprecher sind Annina Braunmiller-Jest, Florentine Drager und Helmut Krauss.
Die akustische Gestaltung des Hörspiels ist gelungen, ich mag die vielfältige Ausstrahlung der verschiedenen Szenen. Da herrscht mal Stille im Hintergrund, sodass die Szenerie sehr ruhig wirkt. Es gibt aber auch Momente mit zahlreichen Geräuschen, die eine lebendige Stimmung schaffen oder stimmungsvolle Musik beinhalten. Besonders gelungen sind die Momente mit dem leisen Pfeifen des Mörders, die durch die Reduktion auf diese Töne sehr unheimlich wirken.
Mit seiner gelben Grundfarbe sorgt das Cover der ersten Folge direkt für Aufmerksamkeit, die menschliche Silhouette im Hintergrund hebt sich dabei gekonnt ab. Kreisrund ist in der Mitte das eigentliche Motiv zu sehen, die beiden grün und rot eingefärbten Gesichter der jungen Frau und das imposante Portal des Internats sind gemeinsam mit der detaillierten Darstellungsweise ansprechend geraten.
Fazit: Zahlreiche Charaktere, die ein düsteres Geheimnis haben, eine bedrohlich wirkende Mordserie und viele intensive Szenen – „Das Geheimnis der gläsernen Augen“ startet die neue Serie von Audionarchie furios und erzählt die Handlung um das Mädcheninternat sehr eindringlich. Ich mag die ruhige, intensive Spannung, die dabei erzählt, ebenso wie die ungewöhnliche Ausstrahlung der Handlung – sehr hörenswert!
VÖ: 30. Oktober 2020Label: Audionarchie
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