Märchenstunde – Schneeweißchen und Rosenrot / Die Bremer Stadtmusikanten / Der alte Sultan / Der junge Riese

Märchenstunde – Die sieben Raben / Die drei Federn / Das Wasser des Lebens

Märchenstunde - Das hässliche junge Entlein / Die roten Schuhe / Aus einer Erbsenschote fünf / Der Sandmann / Die Geschichte einer Mutter

 


Märchenstunde – Schneeweißchen und Rosenrot / Die Bremer Stadtmusikanten / Der alte Sultan / Der junge Riese



Ein weißer und ein roter Rosenbusch stehen vor dem Haus, in dem eine Mutter mit ihren beiden Töchtern lebt: Schneeweißchen und Rosenrot. Als es eines Nachts an ihre Tür klopft und ein riesiger Bär um Einlass vor dem kalten Winter bittet, ist der Schreck zwar groß. Doch bereits nach kurzer Zeit ist das riesige Tier ein gerngesehener Gast – bis er im Frühling in die Welt hinauszieht…

Die „Märchenstunde“-Hörspiele, die in den 70er Jahren bei Intercord erschienen sind, haben bei vielen bleibenden Eindruck hinterlassen – so auch bei Florian Gessner, der sie nun als Download beim Märchenland Verlag wieder zugänglich macht. Auch die Platte mit „Schneeweißchen und Rosenrot“ als Titelmärchen kann nun wieder öfter gehört werden. Und das lohnt sich, denn die lebendige Umsetzung des Klassikers hat mir sehr gefallen. Die mystischen Elemente um den garstigen Zwerg kommen dabei sehr gut zur Geltung, aber auch die besondere Beziehung der Schwestern untereinander und zum liebevollen Bären versprüht den klassischen Charme des Märchens – und die Moral der Geschichte wird am Ende noch einmal deutlicher herausgekehrt, als ich es kenne. „Die Bremer Stadtmusikanten“ macht durch die Spielfreude der Sprechenden sehr viel Spaß. Die vier Tiere mit dem ungewöhnlichen Zweckbündnis werden mit Leidenschaft umgesetzt und die Betonung eher auf die humorvollen Aspekte denn auf das Leid der Tiere gelegt. „Der alte Sultan“ ist ein Märchen, das wohl oft in Vergessenheit gerät, die zehnminütige Umsetzung hier zeigt aber, dass sich auch dieser kurzen Geschichte viel Zauber und eine dichte Stimmung entlocken lassen. Den Abschluss macht „Der junge Riese“, mit einer halben Stunde Laufzeit das mit Abstand längste Märchen dieser Produktion. Dabei wird der Lebensweg des als Däumling geborenen Riesen recht detailreich erzählt, die verschiedenen Stationen setzen sich dabei zu einem markanten Gesamtbild zusammen. Dennoch: Die Vorlage ist eher sperrig, sodass sich dieses Märchen beim Hören bei mir nicht so sehr eingeprägt hat wie die anderen.

Die Hörspiele wurden von erfahrenen Bühnenschauspielern verschiedener Theater eingesprochen. „Die Bremer Stadtmusikanten“ sind allesamt Mitglieder des Stadttheaters Klagenfurt, beispielsweise Grete Bittner als Hahn. Wie wundervoll sie krächzt und misstönende Klänge von sich gibt, macht sehr viel Spaß und sorgt für witzige Momente. Die anderen drei Märchen wurden vom Ensemble des Landestheaters Detmold vertont, hier haben mir Elisabeth Pagitz und Heidi Klemm als Rosenrot und Schneeweißchen besonders gut gefallen – wie sie die innige Beziehung zueinander ebenso wie ihre Abenteuerlust und die liebevolle Ausstrahlung miteinander kombinieren und sehr gut miteinander harmonieren, ist sehr gelungen. Lotte Lais ist bei den letzten beiden Märchen als Erzählerin im Einsatz, wobei sie eine ebenso zauberhafte wie eingängige Stimmung während ihrer Texte erzeugt. Auch Günter Gräfenberg, Heinz Biernatzki und Heins Asper sind in weiteren Rollen zu hören.

Der Name Adamantia Koskinas ist wohl nicht allzu vielen Menschen bekannt, bei der umfangreichen Recherche der Mitwirkenden wurde sie aber für die musikalische Umsetzung herausgefunden. Das hat sie mit vielen kleinen Melodien überzeugend gemacht, die von zahlreichen Geräuschen begleitet werden – eher als Illustration der Handlungen als für einen Hintergrund, was viel klassischen Charme aufkommen lässt.

Das Titelbild – natürlich der originalen Plattenveröffentlichung entnommen, zeigt eine liebevolle Szene, bei der Schneeweißchen und Rosenrot den plärrenden Zwerg treffen. Durch die vielen tierischen Waldbewohner ist eine witzige und kindliche Szenerie entstanden. Neben dem hochauflösenden Titelbild liegt dem Download auch noch eine pdf-Datei mit den Mitwirkenden bei, als Highlight entpuppt sich aber das eingescannte Hörspielmanuskript zu „Der alte Sultan“.

Fazit: Vier sehr liebevolle Märchenhörspiele, die den Kern der Geschichten gekonnt erfassen. Die Stimmen wirken charmant und lassen die vielen Figuren zum Leben erwachen, während die klassische Umsetzung viel nostalgischen Charme versprüht. Besonders gefällt mir, dass auch unbekanntere Geschichten vertont wurden.

VÖ:
Label: Märchenland Verlag
Bestellnummer: ML 115.035


Märchenstunde – Die sieben Raben / Die drei Federn / Das Wasser des Lebens



Nach sieben Jungen hat ein Ehepaar endlich ein Mädchen bekommen. Doch das Neugeborene ist schwach und scheint nicht überleben zu können. So schicken die Eltern ihre Brüder an den Brunnen, um Wasser für eine Nottaufe zu holen. Als sie einige Zeit später noch nicht zurückgekehrt sind, spricht der Vater eine schreckliche Verwünschung aus: Die sieben Brüder sollen in Raben verwandelt werden…

Unter der Bezeichnung „Märchenstunde“ sind in den 70er Jahren zahlreiche Hörspiele beim Label Intercord entstanden, die viele Geschichten der Brüder Grimm, aber auch anderer klassischer Märchen vertont haben. Lange waren diese nur auf Platte erhältlich und wohl nur noch auf Flohmärkten und bei Second Hand-Angeboten mühsam aufzutreiben. Florian Gessner stellt diese bei „Märchenland“ nun auch zum Download bereit – darunter auch die drei Geschichten „Die sieben Raben“, „Die drei Federn“ und „Das Wasser des Lebens“. Toll, dass dabei eben auch nicht nur die absolut bekannten Klassiker zu hören sind, sondern eben auch Märchen, die man noch nicht allzu oft gehört hat. Mit guten acht Minuten ist „Die sieben Raben“ das kürzeste Hörspiel dieser Veröffentlichung, kann aber schnell eine dichte und zauberhafte Szenerie aufbauen. Das hört bei der Verwandlung der sieben Brüder noch nicht auf, die Begegnungen des kleinen Mädchens sind später noch magischer anzuhören und hinterlassen dabei einen sehr intensiven Ausdruck. „Die drei Federn“ spielt mit der Idee der drei Brüder als Anwärter auf die Nachfolge des Königs, von denen einer als dumm gilt. Dabei gibt es einige skurril anmutende Momente, die mir sehr gefallen haben und humorvoll, aber nicht überzogen umgesetzt wurden. „Das Wasser des Lebens“ dauert über eine halbe Stunde und beschreibt die magische Suche nach der legendären Heilwirkung des Wassers, hier spielen viele Elemente mit ein, die zusammen einen starken Reiz ausüben – auch weil sich Teile davon immer wieder mit leichten Veränderungen wiederholen und zeigen, worauf es im Leben wirklich ankommt.

Die drei Hörspiele wurden von drei verschiedenen Theatergruppen eingesprochen – ein ungewöhnlicher Weg, der aber in vielen ausdrucksstarken Momenten gipfelt. So spricht Brigitte Umlauf vom Stadttheater Klagenfurt das Mädchen in „Die sieben Raben“ gleichsam zerbrechlich und zart wie mutig und kämpferisch, was mich sehr überzeugt hat. „Die drei Federn“ wurde vom Landestheater Innsbruck gesprochen, wobei Herbert Rohm den scheinbar dummen Sohn sehr ausgewogen spricht und ihm gelungene Facetten verleiht. Das Ensemble des Landestheaters Detmold hat „Das Wasser des Lebens“ vertont, Erzählerin Anna Althoff greift die magische und märchenhafte Atmosphäre sehr überzeugend und lebendig auf. Auch Gudrun Gregori, Sonja Höfer und Herwig Lenau sind zu hören.

Wer viele alte Hörspiele gehört hat, wird hier einige der eingesetzten Melodien wiedererkennen: Ich mag diese klassische Hörspielmusik sehr gern und sie vermittelt auch hier nostalgischen Charme. Dennoch wurden auch in den Szenen ab und an atmosphärische Klänge eingesetzt, insbesondere die magischen Begegnungen in „Die drei Raben“ und das Gekrächze der verwandelten Menschen wirken sehr überzeugend.

Natürlich wurde das alte Plattencover auch hier als Titelbild gewählt, die kindliche und nostalgische Zeichnung der sieben Raben, die durch ein Zimmer flattern, enthält noch viele weitere witzige Details. Schön, dass diese beim Download in hoher Auflösung zur Verfügung gestellt wird – ebenso wie eine pdf-Datei als Ergebnis der umfangreichen Recherchen, die die Schauspielenden ihren Rollen zuordnet.

Fazit: Die drei eher unbekannten Märchen aus der Feder der Brüder Grimm wurden sehr klassisch und gradlinig umgesetzt, wobei die variierende Länge jeder Geschichte die Möglichkeit lässt, ihren Reiz vollkommen zu entfalten. Die Umsetzungen sind mit starken Stimmen besetzt und wirken zauberhaft und haben mich schnell gefangen genommen. Schön, dass man diese fast verlorenen Schätze nun wieder hören kann.

VÖ:
Label: Märchenland Verlag
Bestellnummer: ML 115.046


Märchenstunde - Das hässliche junge Entlein / Die roten Schuhe / Aus einer Erbsenschote fünf / Der Sandmann / Die Geschichte einer Mutter



Eines der Eier einer Entenmutter will einfach nicht schlüpfen. Se entschließt sich aber, dieses noch ein wenig länger zu bebrüten. Und tatsächlich: Nach einigen weiteren Tagen schlüpft dennoch ein Küken. Doch es ist viel größer und hässlicher als ihre anderen Kinder. Der Spott und die Häme der anderen Enten sind groß, sodass die Ente das Küken wegschickt. Doch wie soll es allein zurechtkommen…?

Sicherlich sind die Geschichten der Gebrüder Grimm am präsentesten in unserer Kultur, aber auch die Märchen von Hans Christian Andersen haben ihren festen Platz. Das hat auch Intercord im Jahr 1977 eine Hörspielplatte auf den Markt gebracht, die fünf Titel des dänischen Autors enthält. Beim Märchenland sind diese nun wieder als Download erhältlich. „Das hässliche junge Entlein“ macht als die wohl bekannteste Geschichte dieser LP den Beginn und ist mit den sprechenden, vermenschlichten Tieren direkt sehr zugänglich. Dass gesellschaftlicher Druck, Schönheitsideale und auferlegte Normen hier so lebendig dargestellt werden, gefällt mir sehr gut, zumal der oft elende Lebensweg des scheinbar hässlichen Kükens sehr präsent dargestellt wurde. „Die roten Schuhe“ war mit bis dato nicht wirklich bekannt und hat mich an einer Stelle mit seiner Grausamkeit überrascht, die Geschichte ist aber kurzweilig und flüssig erzählt – wieder mit einer sehr präsenten Moral: Eitelkeit tut nicht gut. „Aus einer Erbsenschote fünf“ ist herrlich skurril geraten, die Pläne der fünf Erbsen führen sie in ganz verschiedene Richtungen und erzählen am Ende eine herzerwärmende und melancholische Szenerie. „Der Sandmann“ besucht einen Jungen im gleichnamigen Hörspiel an jedem Tag in der Woche und erzählt ihm immer neue Geschichten, was einen lockeren Unterton hat, aber erzieherisch sehr mit dem Holzhammer vorgeht – insgesamt nicht mein Favorit. „Die Geschichte einer Mutter“ zeichnet dann eine ziemlich christliche Szenerie, die entbehrungsreiche Suche der Mutter nach ihrem verstorbenen Kind ist herzergreifend, dramatisch und mit vielen zauberhaften Begegnungen gespickt. Das Ende ist dann überraschend, hat aber wie auch die übrigen Märchen des Autors einen eher traurigen Anklang.

In einer aufwendigen Recherche konnten die meisten Namen der Mitwirkenden herausgefunden werden, doch in einem Fall ist das bislang nicht geglückt – Hinweise dazu nimmt der Verlag übrigens gern entgegen. Die anderen Stimmen stammen vom Landestheater Innsbruck, beispielsweise ist Helmut Wlasak als Erzähler in den meisten Märchen zu hören. Er schafft eine sehr angenehme Atmosphäre und spricht seine Texte lebendig, wobei er den melancholischen Unterton der Vorlagen gekonnt einbringt. Sonja Höfer ist in unterschiedlichen Rollen zu hören und hat die zwar gutmütige, aber auch die erhabene Seite der Entenmutter sehr eingängig eingebracht. Als Sandmann ist Herbert Rohm zu hören, sowohl in den Erzähltexten als auch in den Dialogen ist er sehr lebendig – besonders, wenn er sich direkt an die Zuhörenden richtet. Auch Eva-Susanne Knoche, Gretl Fröhlich und Volker Krystoph sind zu hören.

Zu der Zeit der Produktion war es insbesondere in Kinderhörspielen nicht üblich, während der Dialoge Musik einzuspielen – auch hier wurde darauf verzichtet. Ein paar Melodien sind aber natürlich dennoch zu hören und hinterlassen einen nostalgischen Eindruck. Auch der eher dezente Einsatz der Geräusche ist überzeugend gelöst und lässt die Dialoge lebendiger wirken.

Natürlich wurde das originale Plattencover auch für diese Veröffentlichung genutzt. ZU sehen ist eine typische Szene aus „Das hässliche junge Entlein“ mit der glücklichen Entenmutter und ihren gelben Federknäulen, während das weiße Küken bittere Tränen weint und von anderen Tieren verlacht wird. Die kindliche Darstellung ist gelungen, wobei beim Download noch eine Übersicht über die Mitwirkenden zu finden ist.

Fazit: Fünf Märchen von Hans Christian Andersen, wobei eben nicht nur die wohlbekannten Klassiker umgesetzt wurden und man so einiges Neues entdecken kann. Die melancholische Wirkung der Geschichten wurde gekonnt aufgegriffen und die Szenen durchaus mit Wucht umgesetzt, was sehr intensiv wirkt. Schön, dass die sehr hörenswerte Produktion wieder erhältlich ist.

VÖ:
Label: Märchenland Verlag
Bestellnummer: ML 115.044

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