Poe Mortem – 3. Der Goldkäfer

Poe Mortem – 2. Der Fall Waldemar

Poe Mortem – 1. William Wilson

 


Poe Mortem – 3. Der Goldkäfer



Mina Großmann sitzt im Gefängnis – und ihre Hoffnung, jemals wieder freizukommen, sind sowieso schon gering. Als ihr dann der junge Pflichtverteidiger Ludo Balthasar zugeordnet wird, ist sie alles andere als begeistert. Dennoch berichtet sie ihm von der Geschichte um den Goldkäfer, um den sich einige Legenden ranken – und für den Mina einiges auf sich genommen hat, um ihn zu finden…

„Poe Mortem“ versetzt auch in der dritten Episode eine bekannte Geschichte von Edgar Allan Poe in die Gegenwart und verleiht ihr so eine andere Stimmung, ohne jedoch den Grundgedanken des englischen Autors grundlegend zu verändern. Und so erstrahlt nun auch „Der Goldkäfer“ in einem neuen Licht, und bekommt einige neue Facetten verliehen. Die Rahmenhandlung um das Gespräch zwischen Mina Großmann und ihrem zugeteilten Anwalt Lino Balthasar gestaltet sich dabei bereits unterhaltsam – einerseits weil die besondere Chemie zwischen den beiden so gut funktioniert. Die schnoddrige Mina und der etwas steife Ludo geben ein ungewöhnliches Paar ab. Andererseits kommt bereits hier ein mysteriöser Aspekt ein, da lange nicht klar ist, warum Mina überhaupt hinter Gittern sitzt. In dem Bericht der jungen Frau klärt sich dies auch nur allmählich. Dass dafür ein Mix aus Erzähltexten und Spielszenen gewählt wurden und auch immer auf die Rahmenhandlung gewechselt wird, bringt eine dynamische Stimmung mit ein. So ist auch die recht langsam erzählte Handlung durchgängig interessant geraten. Wie sich die rätselhafte Stimmung immer weiter ausbaut und in einem spannenden Finale endet, ist ebenfalls überzeugend. Der Wechsel des Geschlechts der Hauptfigur ist übrigens eine gut funktionierende Veränderung und gleicht ein wenig aus, dass fast alle zentralen Figuren in Poes Geschichten männlich sind.

Sabrina Pankrath spricht die Hauptrolle der Mina Großmann mit präsentem Ausdruck und starkem Gefühlsausdruck. Ihre schnodderige, oft genervte, aber immer dynamische Stimmung kommt so gut zur Geltung. Leonard Pfeiffer ist mit seiner zurückhaltenden Art als Ludo Balthasar dazu ein gelungener Kontrapart und verleiht dem jungen Anwalt eine authentische Ausdrucksweise. Als Jupiter ist Christopher Peters zu hören, der sich gut in die Szenerie hineinversetzt und die moderne Szenerie ebenso gut unterstützt wie die geheimnisvolle und abenteuerliche Stimmung. Diese drei bestreiten den weitaus größten Teil der Handlung, nur Siri Wiedenbusch und Sarah El-Issa sind noch in sehr kurzen Momenten zu hören.

Die meisten Szenen der Episode werden ohne musikalische Begleitung zu Gehör gebracht, dafür ist die Geräuschkulisse sehr präsent. Die Handlungen der Figuren werden prägnant umgesetzt, sodass Schritte, das Klingeln einer Türglocke oder andere Tätigkeiten sehr markant wirken – manchmal vielleicht schon etwas zu laut. Die wenigen eingespielten Melodien verfehlen ihre Wirkung ebenfalls nicht und sind gut auf die Handlung abgestimmt.

Das Coverkonzept der Serie wird auch hier wieder überzeugend umgesetzt, wieder ist eine schwarz-weiße Fotografie mit einem schlichten Rahmen und ebenfalls schlichten Schriftzügen kombiniert ist. Die einsame Insel in der Spree mit dem dichten Baumbewuchs kommt dabei gut zur Geltung und gibt von einem wichtigen Spielort der Handlung direkt einen ersten Eindruck.

Fazit: Auch „Der Goldkäfer“ wurde von Constantin Wiedemann überzeugend umgesetzt, was auch an den gelungenen Sprachaufnahmen liegt. Der Transport in die heutige Zeit verleiht der Handlung eine moderne und passende Stimmung, ohne von der gradlinigen Erzählweise und dem zunehmenden, aber sanften Schrecken abzuweichen. Die Produktion ist sauber und treffend, sodass ein rundes und gelungenes Hörspiel entstanden ist.

VÖ: 25. September 2023
Label: Saus und Braus
Bestellnummer: nur digital


Poe Mortem – 2. Der Fall Waldemar



Ernst Waldemar ist schwer an Krebs erkrankt, von seinen Ärzten wird er als austherapiert beurteilt. Nur noch der Pfleger Theodor kümmert sich um den Patienten, der kurz vor dem Tod steht. Helena Lupin will in genau dieser Situation Ernst hypnotisieren, um seinen Tod möglichst weit hinauszuzögern. Mit seiner Zustimmung sinkt er schon bald in eine tiefe Trance – und den dreien steht eine schreckliche Nacht bevor…

„Der Fall Waldemar“ gehört für mich zu den unheimlichsten Geschichten von Edgar Allen Poe, die darin beschriebene Nahtoderfahrung unter Hypnose sorgt immer wieder für Gänsehautschauer. Und genau diese Erzählung wurde auch für die zweite Episode der Hörspielreihe „Poe Mortem“ von Constantin Wiedemann ausgewählt und dem Konzept der Serie gemäß in die Gegenwart transportiert. Dies merkt man hier einerseits an den modernen Kommunikationsmitteln, Handys, Diktiergeräte und ähnliche Errungenschaften sorgen für schnellere Gespräche. Andererseits wirkt auch die Sprache moderner, direkter und auch etwas schnoddriger. Das Konstrukt der Geschichte selbst bleibt aber gleich, nach einer recht langen Vorstellung der Szenerie stehen die Hypnoseszenen im Fokus und sind die unheimlichen Highlights der Handlung. Hier wird dann auch eine intensive, erschreckende und unheimliche Stimmung heraufbeschworen, was in einem gelungenen Kontrast zur medizinischen, teils nüchternen Betrachtungsweise von Ernsts Gesundheitsstatus steht. Mit einer Laufzeit von 27 Minuten (inklusive der abschließenden Credits) ist das recht knackig erzählt, sodass keine Langeweile aufkommt. Dieser Fall verliert für meinen Geschmack aber durch die Modernisierung etwas von seiner düsteren, erschreckenden Faszination – eine kurzweilige Gruselgeschichte mit unheimlichem Ausdruck ist aber dennoch entstanden.

Leider konnten mich in dieser Produktion nicht alle Sprecher vollkommen überzeugen. So ist es ausgerechnet Annalena Thielemann als Helena Lupin, die in der Hauptrolle manchmal etwas hölzern klingt. Nicht in allen Szenen wirkt sie auf mich authentisch oder spontan. Felix Kamin klingt als Pfleger Theodor schon spontaner und bringt seine gutmütige Art auch gut zur Geltung, in den unheimlichen Szenen hätte er aber ruhig noch mehr Energie in seine Stimme legen können. Thomas Schimanski ist in kürzeren Abschnitten als Arzt zu hören und bringt seine nüchterne Art gut zur Geltung. Besonderes Augenmerk liegt aber natürlich auf der Rolle des Ernst Waldemar, der von Hicham Tankred Felske gesprochen wird. Er bringt die unheimliche Wirkung des hypnotisierten Todkranken intensiv zur Geltung, besonders wenn der die Worte eher mit Mühe hervorwürgt, ganz am Ende kann aber auch er für meinen Geschmack die Intensität nicht so sehr steigern wie in der Vorlage.

Akustisch wurde die Episode sehr solide umgesetzt, sodass die verschiedenen Szenen gekonnt unterstützt werden. Dazu werden beim ruhigeren, sachlicheren Beginn vor allem passende Geräusche eingesetzt – recht gezielt und nicht im Übermaß, also stimmig. Später gibt es zur Unterstützung der unheimlichen Szenen auch leise, beunruhigende Melodien, die der Szenerie mehr Atmosphäre verleihen.

Auch für diese Episode wurde ein eigenständiges Cover geschaffen, welches wieder ein schwarz-weißes Foto als Motiv hat. Zu sehen ist eine Person, mit einem weißen Laken zugedeckt, auf einem ausladenden Bett. Geschwungene Schriftzüge und ein rein schwarzer Rahmen ergänzen das Titelbild und sorgen gleich für eine passende Stimmung.

Fazit: „Der Fall Waldemar“ ist auch in dieser Umsetzung bedrückend, unheimlich und intensiv. Durch den Transport in die heutige Zeit gewinnt der Fall nur wenige neue Facetten hinzu, durch die teils lockere Sprache wird sogar ein wenig Intensität weggenommen. Die Sprecher sind solide, aber nicht durchgängig überzeugend, die Umsetzung gelungen. Nicht ganz so stark wie der erste Teil, ich freue mich dennoch auf die kommenden Episoden.

VÖ: 25. August 2023
Label: Saus und Braus
Bestellnummer: nur Digital


Poe Mortem – 1. William Wilson



Wilhelm Wilken, Sohn aus reichem Elternhaus, fühlt sich in seinem Leben ziemlich verloren, auch das Studium in Berlin nimmt er nur halbherzig wahr. Mit der Ankunft eines neuen Studenten, der genauso heißt wie er, ändert sich sein Leben allerdings drastisch. Denn in allem scheint dieser einen Tick besser zu sein als Wilhelm, sodass schon bald eine heftige Rivalität zwischen den beiden entbrennt und Wilhelm mehr und mehr die Kontrolle verliert…

Die Geschichten von Edgar Allan Poe sorgen auch lange Zeit nach ihrer Veröffentlichung noch für wohlige Gänsehautschauer, viele seiner Erzählungen sind zu absoluten Klassikern der Gruselliteratur geworden. Und sie inspirieren immer noch, so auch Constantin Wiedemann, der daraus seine neue Hörspielreihe „Poe Mortem“ geschaffen hat. Doch statt die Geschichten einfach nachzuerzählen, transportiert er sie in die heutige Zeit und verleiht ihnen dadurch einen interessanten Kniff. Den Auftakt macht „William Wilson“, eine eher unbekannte Geschichte aus der Feder des Autors – ein gelungener Kniff, da einerseits mal eine andere Idee in den Fokus gestellt wird, andererseits aber alles noch aufregender und spannender wirkt. Der Auftakt ist zunächst ruhig, die Vorstellung von Wilhelms Leben aber prägnant und eingängig geraten. Mit dem Auftauchen des zweiten Studenten gleichen Namens nimmt die Handlung nicht sprichwörtlich Fahrt auf – die Erzählweise bleibt weiter ruhig – wird aber intensiver, eindringlicher und brutaler. Wie man die langsame Wandlung der Hauptfigur detailliert nachverfolgen kann, seine steigende Wut und den langsamen Abstieg hautnah miterlebt, bringt viele sehr gelungene Facetten mit sich. Wie sich auch langsam unheimliche, übernatürliche Elemente einschleichen, bringt zusätzlichen Reiz mit ein. Die Idee der Übersetzung in die moderne Zeit ist gelungen, zumal nichts von der Eindringlichkeit des ursprünglichen Autors verloren gegangen ist – sehr hörenswert.

Die eingesetzten Stimmen sind bislang kaum in Erscheinung getreten, lediglich Werner Wilkening kenne ich bereits aus anderen Produktionen, während Benjamin Bronisch oder Christopher Peters für mich noch unbekannt waren. Auch Paul Worms, der sowohl Wilhelm Wilken als auch seinen Doppelgänger spricht und damit einen Großteil der Handlung übernimmt. Wie er beide gut unterscheidbar klingen lässt und jedem eine eigene Sprechweise verleiht, aber auch die steigende, später ungezügelte Wut auf den Punkt bringt, ist ansprechend gelungen. Lilly Menke spricht die Rolle von Wilhelms Freundin Katharina sehr solide und passt sich gut an die Atmosphäre der Episode an, klingt glaubhaft und bringt ihre Emotionen klar zur Geltung. Fenja Techow bringt als Antonella diBroglio eine lebensfrohe und verführerische Art mit ein, die sie energiegeladen und mit viel Leidenschaft umsetzt.

Akustisch ist die Episode lebendig und vielseitig umgesetzt, wobei die moderne Szenerie gekonnt zur Geltung kommt. Dafür sorgen mal harte, mal wabernde Hintergrundmelodien, die bei einer Technoparty oder besonders eingängigen Szenen auch lauter werden, aber immer gut an die Dialoge angepasst sind. Die Geräusche sind treffend und vielseitig, sodass eine eingängige Szenerie entsteht.

Die Serie steht aktuell nur zum Streaming bereit, aber natürlich wurde auch hierfür ein eigenständiges Titelbild geschaffen. Ganz in schwarz-weiß gehalten sind zwei dunkle Kerzen zu sehen – die eine im Hintergrund brennt, während der Docht der vorderen noch nicht angezündet wurde. Eine interessante und passende Idee für diese Episode, was durch die schlichten Schriftzüge ergänzt wird.

Fazit: „Poe Mortem“ transportiert die Handlung von Edgar Allan Poe in die heutige Zeit, setzt dabei einige gelungene neue Akzente, lässt Szenerie sehr eingängig wirken. Wie sich der Charakter von seiner trägen Ausdrucksweise immer mehr in Wut und Missgunst hineinsteigert, ist eingängig geraten und treffend umgesetzt. Ein gelungener Einstieg, der neugierig auf die weiteren Episoden macht.

VÖ: 25. Juli 2023
Label: Saus und Braus
Bestellnummer: nur Digital

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